Ich bin normal I
Ich bin normal. Ich lese Zeitung
und sehe Tagesschau und Quiz.
Ich kenn die Welt, und meine Deutung
ist wissenschaftlich und gewiss.
Ich bin normal. Ich muss verdienen,
weil ich gut wohne und gut ess,
brauch ein paar Menschen, um mit ihnen
auch Spaß zu haben nach dem Stress.
Ich bin normal. Ich bleib im Rahmen.
Ich bin kein Spinner und kein Schrat.
Der Papst und Jesus sind mir Namen,
um die man Witze macht beim Skat.
Als Oma starb, war ich zur Feier
und hörte mir den Pastor an.
Es war die öde alte Leier,
die er kaum selber glauben kann.
Ich weiß, das Dasein ist ein Rätsel,
so leicht zu lösen wie Beton.
Das All ist krumm wie eine Brezel
und explodiert wie ein Ballon.
Doch was verschwindet, ist verschwunden,
und wer gestorben ist, ist tot.
Von Menschen bleibt wie von den Hunden
nach etwas Bellen nur der Kot.
Der Anstand ist auf Erden selten.
Wer unterscheidet gut und schlecht?
Als Heiliger will ich nicht gelten.
Nur ehrlich will ich sein und echt.
Ich bin normal. Ich denk wie alle,
und wer sich anders gibt, betrügt.
Die Wirklichkeit ist eine Falle,
aus der kein Fink zum Himmel fliegt.
© Peter Gerloff