Babel
Melodie
„Komm, Heilger Geist, der Leben
schafft“
oder: Musik
Es war ein Rest vom Paradies,
den ihnen Gott aus Gnade ließ.
In jeder Silbe, jedem Satz
lag seine Wahrheit wie ein Schatz.
Die Sprache hatte Sinn und Kraft,
war erdenschwer und zauberhaft,
umschließend wie die Atemluft
und lebensfrisch wie Frühlingsduft.
Dann aber überkam sie jäh
der Drang nach Macht, die Turmidee.
„Wir schaffen eine Welt wie du
und brauchen keinen Gott dazu!“
Da wurden ihre Wörter krumm,
sie drehten sich im Munde um
durch Eifersucht und Eitelkeit,
Verstellungskunst und Geltungsneid.
Das Band der einen Wahrheit brach.
Ihr Tadel schlug. Ihr Lob bestach.
Und wie ein fernes Märchen klingt
das Lied, das von Verstehen singt.
© Peter Gerloff