Sind wir wahrscheinlich?

 

Ein Fußballstadion wird zum Zweck eines Experiments mit 50.000 Menschen gefüllt. Jeder erhält einen großen Würfelbecher mit zwanzig Würfeln und dazu ein Brett, auf dem er pausenlos die Würfel auswirft. Manchmal liegt mehr als die Hälfte der Würfel mit der 6 nach oben – das sind Ausnahmen. Dass alle zwanzig Würfel im selben Wurf die 6 zeigen, kommt nur vereinzelt vor. Um diesen Fall häufig zu machen, muss der Versuch auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden. Aber wie lange dauert es, bis zwei der Versuchsteilnehmer genau gleichzeitig zwanzig Sechser würfeln?

 

Der Versuch ist ein Experiment mit der Wahrscheinlichkeit. Da alle Rahmengrößen – Zahl der Würfelnden, Zahl der Würfel, Zahl der Würfeloberflächen, Zeitaufwand für einen Wurf – bekannt sind, lässt sich berechnen, wie oft in einem bestimmten Zeitraum statistisch mit einem Zwanzig-Sechser-Wurf zu rechnen ist und wie oft bzw. nach wie langer Zeit zwei Volltreffer genau gleichzeitig erwartbar sind.

 

Natürlich, wie immer im Bereich der Wahrscheinlichkeit: der unwahrscheinliche Fall kann auch gleich zu Beginn eintreten. Es können sogar gleich beim ersten Wurf alle 50.000 Teilnehmer zwanzig Sechser würfeln. Kein Naturgesetz steht dem entgegen.

 

Die Entstehung von Leben auf dem Planeten Erde ist das Ergebnis von zahllosen, uns nur zum kleinsten Teil bekannten Bedingungen und Ereignissen, die zusammentreffen mussten. Noch einmal zahllose Bedingungen und Ereignisse waren jeweils nötig, um Mehrzeller, Landtiere, Säugetiere, Primaten, schließlich Menschen hervorzubringen. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle diese Faktoren, von denen für die Biosphäre, die wir kennen, kein einziger fehlen durfte, zusammentreffen, ist so gering, dass sie unterhalb jeder Vorstellungskraft liegt. Andererseits ist die Größe des Kosmos und die Zahl der Galaxien und Sonnensysteme so gewaltig, dass sie über jeder Vorstellungskraft liegt. Eine mathematische Korrelation beider Größen und damit eine Wahrscheinlichkeitsrechnung darüber, ob an irgendeinem Punkt unserer Raumzeit eine zweite oder gar viele mit der unsrigen vergleichbare Entwicklungen stattgefunden haben oder stattfinden werden, ist für uns schlechterdings nicht möglich. Dass, wenn es denn Parallelfälle gab oder gibt, eine Kontaktaufnahme mit diesen kosmischen Geschwistern möglich sein könnte, ist nochmal um ebensoviel (und ein Vielfaches) unwahrscheinlicher wie die Gleichzeitigkeit von zwei Zwanzig-Sechser-Würfen in Rufnähe im Vergleich zu einzelnen – angesichts der uns unbekannten Gesamtgröße und Beschaffenheit des Alls aber dennoch vielleicht möglich.

 

Wir wissen nicht, ob weitere Fälle „organischer Intelligenz“ im Weltall wahrscheinlich sind, oder ob es rechnerisch vernünftiger ist, die wahnwitzige Zahl von Koinzidenzen, die uns hervorgebracht hat, für nahezu einmalig zu halten, zumindest in dem winzigen Zeitabschnitt unseres Vorhandenseins. Wir wissen es nicht. Die Selbstverständlichkeit aber, mit der der gegenwärtige Zeitgeist andere, mit uns vergleichbare und auch noch mit uns gleichzeitige Zivilisationen für möglich und wahrscheinlich hält, ist irrational.

 

 

Nicht wie ein Stäubchen unter Millionen,

sondern geliebt wie ein kostbarer Schatz

sollen wir Gottes Erde bewohnen,

Christus vertretend an unserem Platz.

 

Peter Gerloff