Korn und Baum
In einem kleinen Saatkorn steckt
der Plan für Stamm und Äste,
ein Baum, der sich zum Himmel reckt,
mit Platz für viele Gäste.
In einem kleinen Saatkorn ruht
ein Himmelreich der Liebe.
Bei Regen, Wind und Sonnenglut
entfaltet es die Triebe.
Das Saatkorn ist ein Mensch, der lehrt
und heilt und Hoffnung spendet,
der Schwache stärkt und Stolzen wehrt
und als Verbrecher endet.
Er stirbt – und lebt und wächst empor
und holt sich aus dem Boden
den Baustoff seines Reichs hervor
mit göttlichen Methoden.
Da wachsen Menschen über sich
hinaus ins Ungeahnte,
verwandelt in- und äußerlich,
wie es ihr Schöpfer plante.
Der höchste Zweig im Sonnenglanz
ist Stoff aus Erdengründen.
Das Korn umfasst die Wahrheit ganz.
Wir tasten wie die Blinden.
© Peter Gerloff